Öko-Streit um die Wasserkraft

Die heimischen Energieunternehmen haben einen klaren Plan: Den steigenden Strombedarf der nächsten Jahre wollen sie durch den Bau neuer Wasserkraftwerke decken und damit auch dem Klimaschutz dienen. Denn Wasserkraft ist -frei. Projekte für insgesamt sieben Terawattstunden – ein Zehntel des österreichischen Jahresstromverbrauchs – haben die Stromunternehmen als mittelfristig realisierbar ausgemacht, langfristig sogar 13 Terawattstunden. „Da agiert die E-Wirtschaft mit Traumzahlen“, wirft Gerhard Heilingbrunner, Präsident des Umweltdachverbandes, der Energiebranche Realitätsferne vor. 1,5 bis höchstens 2,5 Terawattstunden an Wasserkraftausbau-Potenzial halten die Umweltschützer für vertretbar. Die Umweltorganisation WWF liefert handfeste Gründe für die ökologischen Limits des Kraftwerkbaus: 3700 Barrieren unterbrechen das Fließkontinuum der 53 größten heimischen Flüsse. „Das ist nicht nur für die Fische schlecht, sondern auch für die Trinkwasserqualität. Und letztlich auch für den Tourismus“, gibt Andreas Wurzer vom WWF zu bedenken. So hat sich die Zahl der Fischarten im Inn durch Kraftwerke und Verbauungen von ursprünglich 31 auf 15 reduziert. Der WWF hat daher einen Ökomasterplan erarbeitet, der die Grenzen der Wasserkraft aufzeigt. Fazit: Höchstens ein Drittel des von der E-Wirtschaft genannten Potenzials von sieben Terawattstunden kann ökologisch sinnvoll ausgebaut werden.

EU-Vorschrift

Schützenhilfe erhalten die Umweltschützer von der EU. Die Wasserrahmenrichtlinie verpflichtet die Mitgliedsstaaten, bis 2027 einen „guten Zustand aller Gewässer“ wiederherzustellen. Für Kraftwerke heißt das vor allem, dass mehr Wasser als bisher an den Staumauern vorbeifließen muss. Das reduziert die Menge der Stromproduktion. Diese Richtlinie soll nun mit dem Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan (NGP) in Österreich umgesetzt werden, die sechsmonatige Begutachtungsfrist endet am kommenden Dienstag. Die derzeit vorliegende Fassung des NGP beunruhigt die E-Wirtschaftler. Der Branchenverband VEÖ spricht von bis zu 2,3 TWh jährlich weniger Stromerzeugung im Anlagenbestand. Auch der weitere Ausbau drohe massiv eingeschränkt zu werden. Die aktuelle Fassung des NGP schreibt der E-Wirtschaft unter anderem die Abgabe von höheren Restwassermengen vor. Fische sollen durch Querbauwerke in Gewässern nicht daran gehindert werden, etwa ihre angestammten Laichplätze zu erreichen. Wenn also der Ausbau der Wasserkraft derart limitiert ist, wo liegt dann die Zukunft der Stromversorgung in Österreich? „Energiesparen“, lautet die Antwort der Umweltschützer. „Die Versorger sollen statt Dividendenpolitik echte Energiepolitik machen und die Effizienz steigern“, sagt Heilingbrunner. Zudem könnte etwa durch eine Übernahme der ÖBB-Kraftwerke durch die Verbundgesellschaft eine erheblich effizientere Stromversorgung erreicht werden.

Von: Kurier/Ressort Wirtschaft