Kraftwerk Ferschnitz / Naturschützer sehen sich durch Gutachten der Uni für Bodenkultur bestätigt. EVN beruft sich auf positive Bescheide der Behörde und setzt Projekte fort.

Bereits in der Endphase befindet sich das behördliche Genehmigungsverfahren für das von der EVN geplante Kleinwasserkraftwerk Ferschnitz. Dennoch übt der Verein „Rettet die Ybbsäsche“ nun einmal mehr heftige Kritik an dem Projekt. Zu ihrer Enttäuschung sei eine von der EVN bei der Universität für Bodenkultur (Boku) in Auftrag gegebene unabhängige Studie über die Einflüsse des Kraftwerks ein knappes Jahr streng unter Verschluss gehalten worden, so die Naturschützer.

„Ein endgültiger, nicht umkehrbarer Eingriff“ 

 

Nach langwierigen Interventionen bei der EVN sei es dem Verein „Rettet die Ybbsäsche“ nun aber gelungen, die Inhalte der Studie in Erfahrung zu bringen. Vereinsobmann Stefan Guttmann sieht seine Befürchtungen bestätigt. „Mit der Errichtung des Kraftwerks Ferschnitz wird ein endgültiger, nicht umkehrbarer Eingriff in den Lebensraum vollzogen, der die Wiederherstellung einer einzigartigen Fließstrecke verhindert!“, so Guttmann – durch den Umbau einer bestehenden Sohlschwelle könnte eine 21 Kilometer lange, für Fische durchwanderbare Fließstrecke geschaffen werden.

Leider seien aber viele Entscheidungen inzwischen bereits gefallen, bedauert Stefan Guttmann. Gerüchte, dass ein Kraftwerk nicht im Einklang mit den Zielen des Managementplans des Natura 2000-Gebiets vereinbar sei, hätten sich aber nun bestätigt.

Mit dem Life-Projekt zur Anbindung der Ybbs an die Donau – um den Laichzug des vom Aussterben bedrohten Huchens zu ermöglichen – wurde von der EU und dem Land Niederösterreich viel Geld in die Hand genommen. Doch die Studie der Boku besage nun: Durch das Kraftwerk gäbe es keine Möglichkeit zur Schaffung einer nachhaltig gesicherten Huchen-Population. „Das ist kontraproduktiv und muss als Steuergeldverschwendung angesehen werden!“, sagt Obmann-Stellvertreter Leopold Hochpöchler.

Außerdem seien die geplanten Fischschutzanlagen von den Experten als unzureichend eingestuft worden, es sei zu befürchten, dass vor allem viele Jung- und Kleinfische in der Turbine getötet werden, auch der seltene Huchen werde Verluste erleiden. Neben den schwerwiegenden Eingriffen in den Lebensraum und der beanstandeten mangelhaften Projektierung an der Hohen Brücke hätten die Experten festgestellt, dass jedes weitere Kraftwerk an der Unteren Ybbs zu unterbleiben habe.

„Nichts gefunden, das gegen Projekt spricht“ 

 

Stefan Zach, Pressesprecher der EVN, weist die Kritik der Naturschützer entschieden zurück: „Ich verstehe diese Leute nicht: Zuerst reden sie von einem Gefälligkeitsgutachten, weil die EVN dieses bezahlt hat – und jetzt ist es plötzlich ein Skandal, wenn Dinge drinstehen, die gegen das Kraftwerk sprechen. Die EVN hat dieses Gutachten den Behörden zur Verfügung gestellt – und diese haben offensichtlich nichts gefunden, das gegen das Projekt spricht. Schließlich gibt es einen gültigen wasserrechtlichen und einen gültigen naturschutzrechtlichen Bescheid.“

Nur zwei Einsprüche würden noch vom Lebensministerium behandelt, berichtet Zach: „Sobald wir von dort grünes Licht bekommen, beginnen wir mit den Vorbereitungsarbeiten für den Bau des Kleinwasserkraftwerks Ferschnitz.“

Außerdem leite die EVN grundsätzlich keine Gutachten an Dritte weiter, solange die Behörde noch am Zug sei, betonte Zach – auch nicht in diesem Fall. Denn es bestünde immer die Gefahr, dass Leute, die sich nicht so gut auskennen, einen Satz aus einem Gutachten herausziehen und diesen – ohne böswillig zu sein – zu einer unumstößlichen Wahrheit erklären. Zach betont: „Natürlich stehen in einem Gutachten Dinge, die für oder gegen ein Kraftwerk sprechen. Die Behörde beurteilt das dann aber aus einer Gesamtsicht.“

Schließlich gebe es bereits Dutzende Gutachten über die Ybbs. „Die EVN ist daher auch nach wie vor dabei, sich weitere Beobachtungsräume an der Ybbs anzuschauen. Sobald es ein konkretes Projekt für ein weiteres Kleinwasserkraftwerk gibt, werden wir dieses präsentieren und zur Diskussion stellen“, kündigt Zach an.

Von: NÖN/Hannes Hirtenlehner